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Beobachtungen und Erfahrungen 

rund um das Abkalben

Dr. Stefan Janz

"Robustrinder heißen so, weil ihre Züchter so hart im Nehmen, so ausdauernd und leidensfähig sind", so der etwas säuerliche Kommentar der Frau eines Züchters, der sich seit Tagen und Nächten damit herumquälte, Milch in ein neugeborenes Kalb, das nicht saugen wollte, hinein zu bekommen.

Und tatsächlich: Wenn man sich umhört unter den Züchterkollegen, dann hat jeder auch über Schwierigkeiten und kleine Katastrophen zu berichten, die mitunter seine Vorstellungen von dem wartungsfreien, problemlosen halbwilden Hochlandrind erschüttern. Die Absicht dieses Artikels ist es, ein gewisses Problembewusstsein für die Schwierigkeiten, die um die Abkalbung und die Neugeborenenphase herum entstehen können, zu wecken und einige dieser Schwierigkeiten konkret anzusprechen.

Zu der eingangs angesprochenen "Erschütterung" aber vorab noch zwei Bemerkungen:

 

Nicht immer liegt es an den Tieren, wenn Probleme auftauchen. Nicht selten ist es eine Kombination aus unrealistischen Vorstellungen von der Robustrinderhaltung und entsprechend unzulänglichen Haltungsbedingungen, die aus "normalen" Schwierigkeiten echte Probleme und Problemhäufungen entstehen lassen. Hier gilt es, die eigenen Vorstellungen, die einen - häufig als vollständigen Laien - an die Highlandzucht herangeführt haben, zu korrigieren. (Das schließt ein, dass man einiges "Informationsmaterial", in dem z.B. die Rede davon ist, dass Kalbeprobleme bei Highlands so gut, wie unbekannt seien, in den Müll wandern lässt). Hier gilt es u.U. auch ganz konkret Haltungsbedingungen zu ändern.

Mitunter liegt es aber tatsächlich an den Tieren, wenn eine Häufung von Problemen auftritt: Wo ein oder mehrere Tiere mit tief durchhängenden Eutern in der Herde sind, wo eine oder mehrere Zwillingsfamilien im Bestand sind, wo gehäuft Tiere mit nervösem, ungebärdigem Temperament sind, überall da sind Probleme vorprogrammiert, weil im Bestand genetisch verankert. Dies erfordert u.U. die Entscheidung, sich von der einen oder anderen Kuhfamilie ganz zu trennen.

 

Gleichgültig aber, ob es sich um einen Fehler im System handelt oder ob ein Problem sporadisch und unvorhersehbar aufgetreten ist, es muss etwas geschehen. Was passiert häufig? Wie merkt man es? Was ist zu tun? Hierzu im Folgenden einige Hinweise, sicher unvollständig und sicher verbesserungsfähig. Ergänzungen, Korrekturen und bessere Vorschläge zur Veröffentlichung im nächsten Journal sind ausdrücklich willkommen.

Geburtshilfe beginnt mit der Beobachtung des Deckaktes

Die größte Schwierigkeit besteht fast immer darin, dass man zu spät merkt, dass man ein Problem hat. Der beste Moment einzugreifen ist, nicht, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern wenn man es auf dem Brunnenrand sitzen sieht.

Man muss seine Tiere kennen, damit man Abweichungen vom individuellen Normalzustand bemerkt und dazu muss man sie regelmäßig und möglichst nicht nur am Wochenende beobachten. Diese Beobachtung sollte um den erwarteten Geburtstermin herum engmaschig, 1 - 2 mal täglich erfolgen.

Man achtet dabei auf die Zeichen der kurz bzw. unmittelbar bevorstehenden Geburt: Die Absonderung eines Tieres vom Rest der Herde, das Einfallen der Beckenbänder (lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt zeigen, wo man das tastet!), Abgang von Fruchtwasser, starker Schleimfluss aus der Scheide, häufiges Hinlegen und Aufstehen des Tieres, pralles Euter. Es gibt Tiere, bei denen ist es individuell normal, dass sie wochenlang schleimen, dass sie schon lange vor der Geburt aufeutern. Es gibt Tiere, die sich zur Geburt nicht absondern (können?) und manchmal sind die Beckenbänder bei der morgendlichen Inspektion noch fest und mittags ist das Kalb bereits da. Dennoch: Wenn Sie den Geburtstermin kennen und eines oder mehrere der o.g. Zeichen beobachten und es kommt nicht zur Geburt, dann stimmt mit großer Wahrscheinlichkeit etwas nicht und die Kuh braucht Hilfe, zumindest eine fachkundige Beurteilung der Situation durch den Tierarzt. Die vorgeburtliche Beobachtung ist aufwendig, aber unverzichtbar und sie beginnt streng genommen mit der Beobachtung des Deckaktes bzw. der Identifizierung des Decktermins und mit der Errechnung des voraussichtlichen Kalbetermins. Je sicherer man diesen Termin bestimmen kann, umso zuverlässiger lassen sich die geburtsvorbereitenden Veränderungen an der Kuh einordnen und umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man überrascht wird.

Die Konzentration der Abkalbungen auf einen zeitlich möglichst eng begrenzten Zeitraum ist in diesem Zusammenhang aus arbeitsökonomischen Gründen hilfreich, denn auch die Brunstbeobachtung ist zeitaufwändig.

Hilfsmittel/Infrastruktur

Bei allen Hilfeleistungen und Hantierungen an Kuh und Kalb muss die eigene Sicherheit sorgfaltig beachtet werden, die kleinste Unachtsamkeit oder falsche Sicherheit kann fatale Folgen haben. Wir schätzen an unserer Rasse die guten Muttereigenschaften. Diese beinhalten, dass auch die zutrauliche Kuh mit dem Moment der Geburt ihr Verhalten so ändern kann, dass sie bedingungslos und nachhaltig alles angreift, was sie als bedrohlich für ihr Kalb ansieht.

Auch ein vertrautes Tier sollte also angebunden sein, wenn man sich am Kalb zu schaffen macht. Es muss unbedingt angebunden sein, wenn sich ein Fremder, der Tierarzt, am Kalb zu schaffen macht. Auf der Weide ist das schwierig. Ein Baum, ein kräftiger Zaunpfahl mag fürs erste genügen. Für ernsthafte Probleme braucht man einen Schuppen, einen Stall mit einer trockenen, zugfreien Ecke, möglichst mit Wasser und Licht und Gittern, die so eng sind, dass ein neugeborenes Kalb nicht durchschlüpfen kann.

Zumindest ein Fanggatter (aus mobilen Stellgittern) sollte auf der Weide vorhanden sein. Es gibt nichts Unerfreulicheres, als wenn man an einem graupeligen Spätnachmittag im Februar anfangen muss, solche Hilfsmittel auf die Weide zu schaffen.

Eine Kuh ist nicht nur wehrhaft mit den Hörnern, sondern gleichermaßen mit den Hinterbeinen. Eine Kuh tritt sehr schnell, hart und gezielt und insbesondere Pferdehalter wundern sich immer wieder, wie weit nach vorne, außen und wie hoch diese Tritte reichen können. Ein wichtiges Hilfsmittel ist deshalb ein Behandlungsstand, der das Tier so fixiert, dass es nicht seitlich schwenken und auskeilen kann. (Es muss kein Turbomodell für 6000 DM sein und je weniger hinderliches Gestänge der Stand hat, umso besser.)

Wenn man in Not ist und muss Biestmilch abmelken oder ein Kalb ansetzen oder eine Euterbehandlung durchführen und man hat keinen Behandlungsstand (und kann keinen beschaffen), dann braucht man eine - möglichst vertraute - Hilfsperson zur Unterstützung. Wenn man beispielsweise von rechts am Euter hantieren muss, dann muss die Hilfsperson durch kräftigen stetigen Druck von links auf das Becken der Kuh diese veranlassen, das rechte Bein so zu belasten, dass sie damit nicht mehr treten kann. Vorsicht, all das ist gefährlich!

Es gibt technische Hilfsmittel, die die Kuh am Treten hindern sollen (Bügel, Klammern), mit denen ich keine Erfahrung habe - vielleicht meldet sich hierzu ein anderer Züchter zu Wort. Es können hier nicht alle Hilfsmittel aufgeführt werden, die geburtshilflichen Werkzeuge hat der Tierarzt. Nützlich ist es, eine Nuckelflasche vorrätig zu haben und wenn man in der Familie noch das kleine praktische Gerät hat, mit dem man die Milch für das Baby im Wasserbad auf die gewünschte Temperatur bringt, dann soll man das auch bei abgeschlossener Familienplanung nicht wegwerfen. Es ist außerdem nützlich, immer einige Portionen Biestmilch eingefroren auf Lager zu haben - das muss keine Highland-Milch sein.

Wie kriege ich die Kuh in den Stall?

Bei allen drohenden, absehbaren oder bereits eingetretenen Regelwidrigkeiten ist als erstes die Kuh - ggf. mit Kalb - in den Fangstand /Unterstand/Stall zu bringen, so dass man sie in den nächsten Tagen jederzeit leicht und sicher greifen kann.

Es zahlt sich spätestens jetzt aus, wenn man zutrauliche und führige Tiere hat, die man mit Hilfe eines Futtereimers entweder noch in den Unterstand locken oder auf der Weide an einen Strick - zumindest um die Hörner - bekommen kann. Hilfreich ist hierbei u.U. eine 2 - 3 Meter lange Stange, mit der man die Schlinge eines relativ steifen Seiles aus einer gewissen Distanz, eventuell aus der Deckung eines Traktors o.ä. der Kuh über die Hörner bugsieren kann.

In der Regel wird sich eine Kuh eher fangen lassen, als ihr Kalb im Stich zu lassen. Schwieriger wird es, wenn die Kuh auf Distanz geht. Man kann dann versuchen, das Kalb als Lockmittel zu benutzen und das Kalb in Richtung auf den Unterstand tragen. Man muss dabei beachten, dass die Kuh das Kalb in dem Moment, wo man es auf dem Arm hat, meistens nicht mehr erkennt und ratlos ist. Man muss das Kalb also alle 10-20-50 Meter absetzen und einige Schritte zur Seite gehen, damit die Kuh wieder sieht, wo das Kalb jetzt ist und mitkommt. Dieses Verfahren, das sei ausdrücklich vermerkt, ist nicht ganz ungefährlich.

Frühgeburt

Von einer Frühgeburt wird man im allgemeinen trotz aller Beobachtungen überrascht. Entscheidend wichtig ist, dass man es überhaupt merkt, dass ein Kalb geboren wurde. Der Kuh sieht man es manchmal nicht an und das Kalb mag zu schwach sein, um aufzustehen und sich zu zeigen.

Ein Kalb, das 4 - 6 Wochen zu früh geboren wurde und nur 15 - 17 Kilogramm wiegt, kann durchaus überleben, aber es braucht meist eine Starthilfe, um die anfängliche Gefährdung durch Schwäche, Unterkühlung, mangelnde Lungenreifung, Blutübersäuerung zu überstehen.

Hat man Kuh und Kalb sicher im Stall, reibt man das Kalb trocken und misst die Körpertemperatur. Man sieht, ob das Kalb steht und das Euter sucht. Tierärztliche Hilfe braucht das Kalb, das beschleunigt atmet, nicht steht, apathisch ist, Fieber hat oder unterkühlt ist.

Eine Infusion zum Ausgleich der Blutübersäuerung, eine Spritze zur Beschleunigung der Lungenreifung und zur Kreislaufstütze kann sehr rasch eine solche Besserung herbeiführen, dass das Kalb vital genug wird, um das Euter zu suchen und zu finden. Ist das Kalb dazu zu schwach und kann es noch nicht stehen, muss es jetzt Biestmilch bekommen - ganz egal, wie lange die Geburt schon zurückliegt. Auch nach 24 Stunden und noch länger ist Biestmilch nützlich und besser verdaulich als Normalmilch oder Milchersatz. Dabei ist auf die richtige Temperatur der Milch zu achten. Beim Auftauen einer Biestmilchkonserve oder beim Warmhalten frisch abgemolkener Biestmilch darf die Temperatur von 39 - 40 °C möglichst nicht überschritten werden, da sonst die Eiweiße in der Milch denaturieren und die Antikörper ihre Wirksamkeit verlieren. Zu kalte Milch kann Durchfall fördern.

Ist ein kräftiger Saugreflex vorhanden, (saugt das Kalb an Ihrem Finger?) bietet man dem Kalb die Milch mit der Saugflasche an. Oft ist bei frühgeborenen, geschwächten oder geburtsgeschädigten Kälbern dieser Reflex aber zu schwach oder nicht vorhanden, so dass es Überzeugungsarbeit braucht: man lässt das Kalb am Finger saugen und mogelt dann, wenn der Sog kräftiger wird den Nuckel ins Maul. Druck auf den Nuckel befördert etwas Milch ins Maul, so dass das Tier auf den Geschmack kommt. Das Ganze kann eine mühselige Prozedur sein, die viel Geduld braucht, insbesondere beim ersten Mal und man ist erstaunt mit welcher Kraft und Entschiedenheit sich ein schwaches Kalb, dessen Saugreflex mangelhaft ist, sich mitunter zur Wehr setzt. Man kann versuchen, etwas Honig an den Nuckel, auf die Schnauze zu geben, um so über das Lecken und Schlucken zum Saugen zu kommen.

Wenn dies alles nichts fruchtet, sollte man dem Kalb rasch die erste Biestmilch auf alle Fälle über einen Magenschlauch verabreichen. Man muss sich das vom Tierarzt zeigen lassen und kann es dann nötigenfalls selber wiederholen. Durch dieses Verfahren wird erst einmal sichergestellt, dass das Kalb eine ausreichende Menge Biestmilch erhält ohne die Gefahr, dass die Milch in der Luftröhre oder der Lunge landet. Die Befürchtungen, dass das Kalb auf diese Weise das Saugen verlernt bzw. nicht erlernt ist unbegründet und die ersten Portionen Biestmilch möglichst rasch sind absolut vorrangig.

Kuh-Kalb-Beziehung

Geburtshilfe, Erstversorgung des Kalbes (und der Kuh), das vorausgegangene Hereinholen, fremde Personen, all das war extremer Stress für Kuh und Kalb und beide sind erschöpft. Das Wichtigste ist jetzt, dass das Kalb sich eine trockene, gut eingestreute Ecke suchen kann und dass man die Kuh sich um ihr Kalb kümmern lässt, so dass trotz unserer lebensrettenden Intervention eine tragfähige Kuh-Kalb-Beziehung entstehen kann. Wenn dies nicht geschieht, dann haben wie u.U. zwar ein lebendes Kalb, u.U. aber ein Flaschenkind und das macht sehr lange sehr viel Arbeit.
Also: Ruhe und alleine lassen!
Eine Ausnahme hiervon ist das stark unterkühlte Kalb, das jetzt in einer Kälberbox, aus der es nicht alleine rauskommt und in die die Kuh nicht reinkommt, unter Rotlicht gelegt werden muss.

Saugt das Kalb, oder saugt es nicht?

Nicht selten besteht Unsicherheit darüber, ob ein Kalb schon gesaugt hat. Hat unsere Frühgeburt, hat das Kalb, das wir aus welchem Grund auch immer mit seiner Mutter in den Stall geholt haben, in der Zeit unserer Abwesenheit selbst gesaugt oder nicht? Hat das Kalb, das gestern auf der Weide geboren wurde und mit dem alles in Ordnung schien, schon gesaugt? Ganz sicher, dass ein Kalb saugt, kann man nur sein, wenn man es aus der Nähe gesehen hat und wenn das Kalb eine milchverschmierte Schnauze hat. Ein Kalb, das man in typischer Saughaltung am Euter sieht, muss nicht erfolgreich sein, auch nicht, wenn es mit dem Schwanz wackelt. Es kann sein, dass es an einer akzessorischen Zitze saugt oder an einem Fellbüschel, insbesondere dann, wenn die Kuh sehr große dicke unförmige Zitzen hat. Nicht ganz selten sind - besonders Bullkälber - gesund und munter und machen alles richtig und haben einen kräftigen Saugreflex und sind nur zu "doof" die Zitze richtig mit der Zunge einzufangen. Diese Kälber verlernen das richtige Suchen, wenn sie immer wieder erfolglos sind, fallen uns aber u.U. erst nach zwei Tagen durch ihre zunehmende Mattigkeit auf.

Wenn uns die Kuh nicht nah genug herankommen lässt, dass wir sicher sein können, was das Kalb tut, sind wir auf die Beobachtungen aus der Ferne angewiesen. Ein Kalb, das Milch bekommt, steht lange in der typischen Haltung an der Kuh, ein Kalb, das nur sucht und vergeblich leckt und nuckelt, wirkt unzufrieden, unruhig, zappelig, versucht es hier und da erneut, legt sich schließlich kurz hin, steht wieder auf und sucht wieder, bis es langsam matter wird. Ein Kalb, das mit rundem Rücken, eingezogenem Bauch steht, das sich nach dem Aufstehen nicht ausgiebig reckt und streckt - mit diesem Kalb stimmt wahrscheinlich etwas nicht.

Aber auch bei einem Kalb, das wir im Stall haben, kann es schwierig sein, zu beurteilen, ob es inzwischen selbst saugt. Ein Kalb, das man noch mehrmals täglich füttern oder ansetzen muss, weil es noch nicht selber saugt, sollte man abends nach der letzten Fütterung von der Mutter mit einem Gitter trennen, so dass man am nächsten Morgen das Verhalten des hungrigen Tieres beobachten kann.

Bei einem Kalb, das einem erst nach 2 - 3 Tagen auf der Weide durch Schwäche auffällt, kann man versuchen, durch Bestreichen der Haut um den Darmausgang einen Darmentleerungsreflex auszulösen. Bei einem zwei Tage alten Kalb, das schon Milch gehabt hat, ist der Kot honiggelb und klebrig. Entleert sich dagegen jetzt nur das grün-schwarze "Darmpech", dann spricht das bei einem Kalb in diesem Alter dafür, dass es noch keine Milch gehabt hat. Auch jetzt ist es für Biestmilch nicht zu spät!

Ansetzen eines Kalbes

Wie schon erwähnt, sind manche Kälber ganz gesund und die Kuh ist freundlich und bemüht, aber das Kalb sucht an der falschen Stelle, saugt an der herabhängenden Nachgeburt oder einem Fellbüschel. Oder die noch nicht angesaugte Zitze ist so monströs dick, dass das Kalb nichts damit anzufangen weiß (und die Zitze wird immer dicker und strammer) Jedenfalls bekommt das Kalb nichts. Man kann bei so einem Problem durchaus erst mal einige Stunden zusehen, vielleicht klappt es ja doch noch. Bevor es Nacht wird, sollte man dem Kalb aber eine Nachhilfestunde geben. Wenn man die Kuh sorgfältig fixiert hat (Hinterbein u.U. anbinden), genügt es mitunter, wenn man dem eifrig suchenden Kalb die Richtung weist. Mitunter ist es hilfreich, wenn man einen Strich anmelkt, um einen sehr festsitzenden Pfropf zu entfernen und die Zitze erst mal etwas kleiner und weniger prall zu machen. Manchmal aber muss man das Kalb ziemlich entschieden an das Euter schieben, von hinten schieben und zugleich vorne mit der Hand die Zitze anbieten und sie eventuell dem am Finger saugenden Kalb ins Maul mogeln. Das Kalb wehrt sich dabei meist sowohl gegen den Schub von hinten, wie gegen die Manipulation am Maul. Es spuckt die Zitze aus, lässt sich hinfallen, blökt und vermittelt Ihnen das Gefühl, ein Schuft zu sein. Nach einer Weile werden Sie sich fragen, warum Sie nicht bei der Modelleisenbahn geblieben sind und wenn Sie es schließlich geschafft haben, wird Ihnen die ganze Wahrheit des ersten Satzes dieses Artikels aufgehen.

Geben Sie nicht auf! Ein Kalb, das wenigstens an Ihrem Finger saugt lernt das! Mit Ihrer Hilfe. Wenn Sie spüren oder hören, dass das Kalb zum ersten, zweiten, dritten Mal schluckt, dann lassen Sie ganz sachte den Druck von hinten nach, bis das Kalb alleine steht. Es wird die Zitze wieder verlieren und Sie müssen wieder helfen, aber es wird immer leichter und schließlich hat es das kapiert.

Sie können dem Kalb durchaus ein- oder zweimal Milch mit der Saugflasche geben, aber dann müssen Sie den Kampf um die Zitze der Mutter durchstehen. Setzen Sie alles daran, dass das Kalb an der Mutter bleibt und wenn es einige Tage dauert! Ein Flaschenkalb macht Ihnen einige Monate Mühe und wird doch meist relativ kümmerlich und eine Kuh, die kein Kalb führt, verfettet leicht und bekommt Fruchtbarkeitsprobleme oder Kalbeprobleme im nächsten Jahr. Seien Sie robust!

Es gibt viele weitere Probleme, die auftauchen können, die in einem späteren Artikel oder von einem anderen Züchter behandelt werden mögen: Was tun, wenn eine Kuh ihr Kalb nicht annimmt, wenn sie nur einen Zwilling annimmt und den anderen verstößt? Was tun, wenn ein Kalb immer nur ein oder zwei Viertel absaugt und sich in den anderen eine Mastitis entwickelt? Und und und...

Das Entscheidende ist nicht, dass man auf alle solche Fragen schon die richtige Antworten weiß. Das absolut Entscheidende ist, dass man es merkt, wenn etwas nicht stimmt und dass man dann nicht wegschaut.

Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal, 4/1999, S.48ff

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