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Die Ardbhan-Fold auf North Uist, Schottland

 

Angus MacDonald und Dr. Stephan Janz

AM: Aufgewachsen auf dem elterlichen Hof auf North Uist, gehörte meine ganze Liebe schon immer unseren traditionellen Hochlandrindern. Mit 24 Jahren stand ich vor der Entscheidung, meinen Lebensunterhalt weiterhin mit Hummerfang zu bestreiten und ein größeres Boot zu kaufen oder aber mich auf eine wachsende Herde von Rindern zu konzentrieren. Bei all den Nackenschlägen, die die vergangenen 14 Jahre für Landwirte in Großbritannien mit BSE, Exportbann und Maul- und Klauenseuche bereit hielten, habe ich mich ein oder zwei mal (allerdings nur kurz) gefragt, ob ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe.

SJ: "Bäume!" antwortete Michelle MacDonald auf meine Frage, was sie auf dieser Insel am meisten vermisst. Und in der Tat, das ist nachvollziehbar: North Uist ist nahezu baumlos. Die Insel gehört zu den Äußeren Hebriden, einer Inselkette, die in nord-südlicher Richtung der schottischen Küste weit draußen im Atlantik vorgelagert ist. Den Ostteil der Insel bildet ein Bergrücken, eine schroffe Steilküste. Im Westen liegt hinter endlos weiten weißen Sandstränden ein schmaler Streifen fruchtbares flaches Land, Machair, das landwirtschaftlich bearbeitet wird -Gras, Getreide, vereinzelt Kartoffeln. Steiniges, mooriges, z.T. heidebewachsenes Weideland - hill ground - schließt sich, zu den Bergen hin ansteigend, landeinwärts an. Große Flächen der Insel sind von Mooren bedeckt, in denen Torf auch heute noch als Brennmaterial gewonnen wird.

Im August letzten Jahres, als ich Angus und Michelle MacDonald besuchte, war es ungewöhnlich heiß, sonnig und trocken - Heu-, Urlaubs- und Badewetter. Weitaus häufiger weht hier ein scharfer Wind aus Westen und wenn es regnet, dann kommt der Regen waagerecht. Die salz- und sandhaltigen Winterstürme, die ungebrochen über Atlantik heranrollen, gehen durch Mark und Bein. North Uist ist eine Insel, deren landschaftliche Reize sich nicht auf den ersten Blick erschließen.

AM: 1989 hielten meine Mutter Ena MacNeill und ich eine 70köpfige Herde auf etwa 100 Hektar Fläche, die Hälfte davon karge Bergweide. Heute, inzwischen ist meine Frau Michelle mit dabei, halten wir 260 Tiere auf einer Fläche von etwa 1200 Hektar. Diese Fläche hat es uns ermöglicht meinen Lebenstraum, einst eine der größten Herden des Landes zu haben, zu verwirklichen; eine Herde mit gesunden Tieren, die sich wohl fühlen, die mit einem Minimum an Aufwand natürlich aufwachsen und ihre traditionellen Eigenschaften bewahren; widerstandsfähige Tiere mit großer Pansenkapazität, fruchtbare Tiere mit reichlich Milch, die sich auf unseren Torfmooren sicher bewegen und keine Klauenpflege benötigen. Viele unserer Kühe stammen aus Familien, in denen diese Genetik über Jahrhunderte verankert ist - das schließt die berühmte Balranald Fold aus North Uist, die 1921 aufgelöst wurde, ein - und zugleich stellt eine sorgfältige Auswahl von Zuchtbullen sicher, dass diese traditionellen Merkmale, die wir so hoch schätzen, erhalten bleiben.

SJ: "Die Rentabilität der Highlandzucht liegt in vermiedenen Kosten." Ich weiß nicht, wen ich hier zitiere, aber für den Betrieb der MacDonalds trifft dieser Satz in verblüffender Weise zu. Verblüffend deshalb, weil auf den ersten Blick die Rinderzuchtbedingungen an diesem Ende Europas konkurrenzlos schlecht erscheinen: Land und Wetter können kaum widriger sein, der erste und einzige Grasaufwuchs kann für Winterfutter Ende Juli/August geerntet werden, die Märkte sind fern und alles ist teuer auf der Insel - die Fähre nach Oban an die entlegene schottische Westküste braucht sechs Stunden -und die landwirtschaftlichen Subventionen sind im Wesentlichen dieselben, wie für den Bauern auf den fetten Böden der Hildesheimer Börde.

Zu Beginn der Vegetationsperiode werden die Herden der Ardbhan-Fold auf die oben beschriebenen hill-ground-Weideflächen getrieben, wo sie bis zum Herbst bleiben. Das sind magere, meist sauere Weideflächen mit Sumpflöchern und Wasserläufen, Land, das nicht landwirtschaftlich bearbeitet werden kann. Highland Cattle können mit dieser Futtergrundlage etwas anfangen, sie wachsen heran, sie pflanzen sich fort, sie geben Milch, werden schlachtreif. Diese Flächen sind billiges Pachtland.

Im Herbst, nach dem Absetzen der Kälber, werden die jungen Kühe und die älteren Färsen nach Vallay gebracht, nur die alten Kühe überwintern auf hofnahen Flächen. Vallay ist eine etwa 250 ha große kleine Insel, die bei Ebbe trockenen Fußes oder mit einem Allradfahrzeug erreicht werden kann und vollständig grasbewachsen ist. Die Insel hat Süßwasserquellen und die Dünen und Schluchten bieten bei jedem Wind und Wetter idealen Schutz. Der Boden ist immer trocken, sandig und sauber, Morast und Trittschäden können hier nicht entstehen. Jetzt im Sommer hat man auf den graswogenden Dünen den Eindruck, man steht in Montana. Saftiges Gras, das sich im Winde wiegt, soweit das Auge reicht. Nur, wie soll das in dieser Dünenlandschaft geerntet werden? Gar nicht. All dies ist "Heu am Stiel", Winterfutter, das nicht geerntet wird. Kein Düngen, kein Schleppen, kein Walzen im Frühjahr. Kein Mähen, Schwaden, Pressen, Wickeln, Abfahren und Lagern im Sommer. Kein mühseliges Ausfahren und Verteilen im Winter. Keine Kosten für Sprit, Dünger, Bindegarn, Folie, Folienentsorgung. Sicher, ganz viel Nährwert hat dieses Raufutter nicht mehr aber die Highlands kommen bestens damit aus und holen sich ein Zubrot am Strand, wo sie den Seetang, den die Stürme an das Ufer werfen, fressen und die Kühe kommen genau in der richtigen Kondition zum Abkalben durch den Winter. Im späten Frühjahr verlassen die Kühe mit ihren jungen Kälbern die Insel wieder. Zurück bleibt eine gleichmäßig abgeweidete Grasnarbe, gleichmäßig auf der ganzen Insel verteilter Dung, Insekten, Würmer, Käfer und Schmetterlinge in Hülle und Fülle und bis zum Herbst keine Störung für die Bodenbrüter und all die anderen zahllosen Vögel, für die eine Vogelschutzorganisation, die Royal Society for the Protection of Birds, dieses Reservat eingerichtet hat. Der Landwirt hat Winterfütterung zum Nulltarif und das Biotop wird zum Nulltarif gepflegt und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die Pflege nicht stört.

AM: Unsere Art der Tierhaltung demonstriert die einzigartige Leistungsfähigkeit und Brauchbarkeit der Rasse Highland für diesen Standort, der sicher einer der kärgsten und härtesten in ganz Großbritannien ist. Dennoch sind wir in der Lage mit einem Minimum an Aufwand und züchterischem Eingriff Tiere hoher Qualität zu züchten. Die jüngeren Kühe kommen auf der kleinen Insel Vallay, ohne Zufütterung über den Winter. Die älteren Kühe und unsere Bullen erhalten auf hofnahen Weiden Silage ad libitum, die Absetzer und die älteren Jungtiere nach Bedarf. Auf den meisten dieser hofnahen Winterweideflächen haben die Tiere Zugang zum Strand und somit zu angeschwemmtem Seetang, einem großartigen Zusatzfutter. In enger Zusammenarbeit mit unseren Tierärzten und den Beratern der örtlichen Landwirtschaftsschule werden sowohl die Tiere, wie auch Gras- und Bodenproben auf Mineralmängel untersucht. Mit Zustimmung der Soil Association (die Akkreditierungskörperschaft für ökologischen Landbau) verabreichen wir unseren Tieren im Herbst eine Mineralergänzung in Bolusform.

SJ: Es gibt weitere Kosten, die in diesem Betrieb vermieden werden und auch hier greifen ökonomischer Nutzen für den Betriebsleiter und ökologischer Nutzen für die Umwelt unmittelbar ineinander. Kosten für Parasitenbekämpfung/Entwurmung reduzieren sich auf ein Minimum, da die niedrige Besatzdichte und das Umtriebsverfahren keinen relevanten Parasitendruck aufkommen lassen. Entsprechend entfällt die Umweltbelastung durch die einschlägigen Medikamente. Jeglicher Aufwand für Klauenpflege entfällt. Das hat einerseits züchterische Gründe, denn Tiere mit pflegebedürftigen Klauen werden konsequent züchterisch nicht eingesetzt. Das liegt andererseits an der hier praktizierten Haltung und Fütterung, die rasches Klauenwachstum nicht begünstigen. Es mag schließlich auch am Abrieb liegen, den die Klauen erfahren, wenn die Tiere im Winter Zugang zum Sandstrand haben.

AM: Es gibt gegenwärtig hierzulande eine ganze Reihe großer Estates, die Highland Cattle kaufen, um sie auf ihren von Schafen überweideten Bergen und Mooren einzusetzen. Die Rinder verbessern die Qualität der Weideflächen, lassen zugleich genug Bodendeckung für bodennistende Vögel wie Moorhühner und tragen zu einer Zunahme der Vielfalt des Lebens auf diesen Standorten bei.

Highland Cattle, die in diesem Sinne brauchbar im Naturschutz sind, dabei aber gleichzeitig gedeihen als Zuchttiere, wie als Schlachttiere und somit wirtschaftlich sind, müssen anspruchslose Tiere sein. In der Highland-Zucht besteht die Gefahr, dass die Eingangs erwähnten traditionellen Eigenschaften im "dolce vita" verloren gehen. Unsere Tiere sind dagegen über Generationen und Jahrhunderte von dieser Insel geprägt, selektiert auf Härte, adaptiert an karge Bedingungen. Solche Tiere werden zur Zeit gesucht. Wir haben in letzter Zeit den Grundstock für einige neu gegründete Herden geliefert und können gar nicht genug Rinder produzieren für die Käufer, die nach unserem Typ Tier suchen.

SJ: Die Fähre zurück nach Oban verlässt die Inseln am frühen Morgen. Der Hafen Lochboisdale im Süden von South Uist liegt am Ende eines natürlichen Hafenbeckens, wie ein Fjord tief in die Bergkette der Ostküste eingeschnitten ist. Die frühe Morgensonne im Rücken hat man den Blick zurück über das funkelnde Wasser in Loch Boisdale, auf die dunklen Bergrücken, die in der Heideblüte jetzt beginnen violett zu schimmern, die ganze Ostküste hinauf auf South Uist, Benbecula North Uist. Vielleicht ist das ein Adler, der dort über dem Gipfel kreist. Doch, auf den zweiten Blick erschließen sich die landschaftlichen Reize der Uists schon.

AM: Habe ich vor 14 Jahren die richtige Entscheidung getroffen, als ich mich für die Rinder und gegen den Fischfang entschieden habe? Ich glaube, ja. Wir haben eine traditionelle Highland Herde, auf die wir stolz sind und die die natürlichen Gegebenheiten von Uist optimal nutzt. Wir können die Tiere erfolgreich sowohl als Zuchttiere wie auch als Schlachttiere vermarkten. Wir haben einige unserer besten Freunde über die Rinder gefunden und ich habe sogar meine Frau im alten Auktionsmarkt in Oban kennen gelernt - was kann sich ein Mann sonst noch wünschen? Dass der Exportbann aufgehoben wird, vielleicht!


Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal. 9/2004, S.122

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